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Urteil Versicherungsgericht (SG)

Zusammenfassung des Urteils IV 2008/293: Versicherungsgericht

Die Chambre des recours des Kantonsgerichts behandelt einen Rechtsstreit, bei dem mehrere Rekurrenten gegen ein Urteil des Zivilgerichtspräsidenten des Bezirks Est vaudois Einspruch erhoben haben. Es geht um einen Vertrag über den Verkauf eines Grundstücks und die notwendige Durchfahrt auf diesem Grundstück. Nach einer Reihe von Anträgen und Entscheidungen wird der Rekurs letztendlich abgelehnt und die Gerichtskosten auf 500 CHF festgesetzt.

Urteilsdetails des Kantongerichts IV 2008/293

Kanton:SG
Fallnummer:IV 2008/293
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:IV - Invalidenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid IV 2008/293 vom 14.12.2009 (SG)
Datum:14.12.2009
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 43 Abs. 1 ATSG, Art. 44 ATSG. Sachverhaltsabklärung durch medizinische Begutachtung. Die Gutachter einer MEDAS sind nicht generell als befangen zu betrachten, nur weil die IV-Stellen den Auftrag haben, die Zahl der Neurentner zu reduzieren. Art. 18 Abs. 1 IVG. Arbeitsvermittlung. Anspruch auf Arbeitsvermittlung haben seit der Revision dieser Bestimmung per 1. Januar 2008 auch jene Versicherten, die in einer adaptierten Verweistätigkeit zu 100% arbeitsfähig sind (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 14. Dezember 2009, IV 2008/293).
Schlagwörter : Arbeit; Arbeitsvermittlung; Arbeitsfähigkeit; BEGAZ; Recht; Untersuchung; Gutachter; Gutachten; Anspruch; IV-Stelle; Rente; Beschwerden; Verfügung; Schulter; Begutachtung; Erwerbstätigkeit; Person; Schmerzen; Sicht; önnen
Rechtsnorm:Art. 16 ATSG ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts IV 2008/293

Präsident Franz Schlauri, Versicherungsrichterin Monika Gehrer-Hug, Versicherungsrichter Joachim Huber; Gerichtsschreiber Ralph Jöhl

Entscheid vom 14. Dezember 2009 in Sachen

T. ,

Beschwerdeführerin,

vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Simon Näscher, Alte Landstrasse 106, Postfach 101, 9445 Rebstein,

gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Postfach 368, 9016 St. Gallen,

Beschwerdegegnerin, betreffend

Rente; berufliche Massnahmen (Arbeitsvermittlung) Sachverhalt:

A.

T. meldete sich am 20. Februar 2001 erstmals zum Bezug von IV-Leistungen an. Dr. med. A. gab am 3. März 2001 an, die Versicherte leide an einem LWSSchmerzsyndrom mit Ausstrahlung in das linke Bein, an Spondylose und Verschmälerung L5/S1, an M.M. Dysbalance im Nacken, an Epicondylitis humeri radialis rechts, an einer schweren depressiven Entwicklung und an einem Ulcus ventriculi. Seit dem 2. Februar 2000 bestehe im bisherigen Beruf eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit. Der Gesundheitszustand sei stationär bis sich verschlechternd. Gemäss einem Austrittsbericht der Klinik Gais vom 8. März 2001 lag eine mittelgradige Episode mit somatischen Symptomen vor. Die depressive Episode hatte während der stationären Behandlung deutlich gebessert werden können. Die IV-Stelle gab eine bidisziplinäre (rheumatologisch-orthopädische und psychiatrische) Abklärung in Auftrag. Dr. med. B. berichtete im Gutachten vom 4. Oktober 2001, die Versicherte habe über eine Vielzahl langjähriger, im Ausprägungsgrad und der Lokalisation wechselhafter Beschwerden seitens des Bewegungssystems mit zahlreichen wenig ergiebigen Untersuchungen und erfolglosen Behandlungen geklagt. Diese Klagen hätten sich nicht auf das Bewegungssystem beschränkt. Sie hätten auf die unterschiedlichsten Organsysteme (urogenitale Beschwerden, Magenbeschwerden) Bezug genommen, ohne dass bis anhin dafür relevante organmedizinische Befunde hätten aufgedeckt werden können. Bei der Untersuchung sei die bisweilen betonte und dramatische Art der Leidenspräsentation nicht zu übersehen gewesen. Die Schmerzschilderungen hätten in hohem Mass affektiv gesteuert gewirkt und die symbolhaften Vergleiche seien bisweilen grotesk gewesen (z.B. Schmerzen, als ob der Fuss gegrillt würde). Klinisch sei ein reduzierter Einsatz des rechten Arms bei einer nicht näher zuzuordnenden funktionellen Innervationsund Bewegungshemmung zu

beobachten gewesen. Eine Beziehung zu einem von der Halswirbelsäule der Schulter ausgehenden projektiven Schmerzgeschehen habe sich nicht erhärten lassen. Ebensowenig habe sich im Gegensatz zu früheren Untersuchungen ein auf den epikondylären Ursprung der Strecksehnen sich konzentrierendes, relevantes tendinotisches Schmerzgeschehen des Ellbogens diagnostizieren lassen. Ein eigenständiges Leiden aus dem rheumatologisch-orthopädischen Formenkreis mit Krankheitswert sogar mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit liege nicht vor. Dr. med. C. führte in seinem Gutachten vom 12. November 2001 aus, mit Bezug auf die Psyche habe die Versicherte ein schweres Leiden vorgetäuscht, u.a. eine zumindest mittelschwere depressive Störung und nicht zuletzt eine erhebliche Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen. Trotz entsprechender Klagen lasse sich eine Beeinträchtigung der mnestischen und kognitiven Funktionen ausschliessen. Ebenso ausser Betracht fielen eine schwere neurotische Fehlhaltung bzw. -entwicklung, eine phobische, zwanghafte angstneurotische etc. Störung, aber auch ein Prozess aus dem schizophrenen Formenkreis und nicht zuletzt ein klinisch relevantes depressives Geschehen. Bei der Versicherten handle es sich um eine sprachlich und kulturell gut integrierte und über normale intellektuelle Ressourcen verfügende Immigrantin mit partiell histrionischen Zügen. Abgesehen davon, dass die Aggravation vermutlich bei nahezu jeder Begutachtung eine gewisse Rolle spiele, habe die Symptomdarbietung und -schilderung der Versicherten anlässlich der Untersuchung erheblich

demonstrativ-appellativ gewirkt. Es sei eine erhebliche Diskrepanz zwischen der subjektiven Beschwerdeschilderung und dem beobachtbaren Verhalten in der Untersuchungssituation deutlich geworden. Die Schmerzschilderung und -präsentation sei nicht die Folge einer erheblichen psychischen Überlagerung (neurotische Entwicklung) eines körperlichen Leidens, sondern rein psychogener Natur. Die hochgradig appellativ-demonstrativ vorgebrachten Beschwerden gehörten in das Grenzgebiet zwischen zielgerichteter Aggravation, Vortäuschen einer Störung und bewusstseinsnaher, ebenfalls zielgerichteter Simulation. Die Versicherte sei in jeder Tätigkeit zu 100% arbeitsfähig. Eine allenfalls vorhandene dysphorisch-dysthyme Verstimmung sei kein Grund für eine Arbeitsunfähigkeit. Mit einer Verfügung vom 31. Januar 2002 wies die IV-Stelle das Leistungsbegehren der Versicherten ab.

B.

Am 6. November 2006 meldete sich die Versicherte erneut zum Bezug von IVLeistungen (Umschulung, medizinische Eingliederungsmassnahmen, Rente) an. Dr. med. A. berichtete am 14. November 2006, die Versicherte leide an einer Impingement-Symptomatik der rechten Schulter bei ausgedehnter degenerativer Tendinosis der Supraspinatussehne mit intramuskulärer Verkalkung rechts, an einem chronischen Zervikobrachialsyndrom bei degenerativen Wirbelsäulenveränderungen mit foraminaler rechts-akzentuierter Diskushernie C5/6 mit Kompression der Nervenwurzel C6 rechts sowie muskulärer Dysbalance, an Spondylose L5/S1, an einem Fibromyalgiesyndrom, an einer depressiven Entwicklung bei V. a. ein beginnendes Erschöpfungssyndrom, an einem St. n. abdominaler Hysterektomie, Salpingektomie links, Ovarektomie rechts und partieller Omenektomie, an Hyperlipidämie, an arterieller Hypertonie und an persistierender Hämaturie. Der Gesundheitszustand habe sich in den letzten Jahren eher verschlechtert. Aufgrund der Schmerzen am Bewegungsapparat sei die Versicherte in der Mobilität eingeschränkt. Auch der psychische Zustand habe sich verschlechtert. Die Versicherte sei auch in adaptierten Tätigkeiten vollständig arbeitsunfähig. Am 2. März 2007 teilte Dr. med.

A. ergänzend mit, dass seit dem 12. April 2004 eine relevante Arbeitsunfähigkeit bestehe.

B.a Die IV-Stelle beauftragte am 15. November 2007 die BEGAZ GmbH in Binningen mit einer interdisziplinären Begutachtung. Die Ärzte des BEGAZ berichteten in ihrem Gutachten vom 31. Januar 2008, bei der psychiatrischen Abklärung habe sich ein Schmerzsyndrom mit Schmerzen im ganzen Körper nachweisen lassen. Diese Schmerzen liessen sich nur teilweise durch körperliche Störungen erklären. Aus psychiatrischer Sicht lasse sich eine ausgeprägte Belastung nachweisen, die schwerwiegend genug sei, um in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Schmerzentwicklung und

-aufrechterhaltung zu stehen, nämlich das Problem der Infertilität und Kinderlosigkeit. Das erstmalige Auftreten der Schmerzen falle mit der 1986 durchgeführten Ovarektomie zusammen. Im Zusammenhang mit diesem Konflikt lasse sich eine ausgeprägte Somatisierungstendenz erkennen. Aus diagnostischer Sicht handle es sich um eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, die aber die psychosoziale Funktionsfähigkeit der Versicherten nicht einschränke. Es handle sich um eine leichtgradige Störung. Bei der Untersuchung seien anamnestisch die Symptome

Schlafstörung, zeitweilige Müdigkeit tagsüber, Kraftund Energielosigkeit, Lustlosigkeit, verminderte Fähigkeit, Freude zu empfinden, zeitweise gereizt-aggressive Stimmung, Vergesslichkeit, Libidoverlust, vermindertes Selbstvertrauen, zeitweiliges Gefühl allgemeiner Sinnlosigkeit eruiert worden. Diese Symptome erfüllten die zur Diagnose einer depressiven Episode notwendigen Kriterien nicht. Die geklagte depressive Symptomatik sei am ehesten der anhaltenden somatoformen Schmerzstörung zu subsumieren. Bei der Untersuchung seien die Angaben nicht immer konsistent gewesen. Die Versicherte habe auch eine gewisse Tendenz zum Dramatisieren erkennen lassen. Aus rein psychiatrischer Sicht sei die Arbeitsfähigkeit nicht eingeschränkt. Auch die Leistungsfähigkeit sei nicht vermindert. Allerdings seien aus psychiatrischer Sicht keine körperlich schweren Arbeiten mehr zumutbar. Die Versicherte könne die notwendige Willensanstrengung aufbringen, um uneingeschränkt einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

    1. Aus rheumatologischer Sicht seien die Beschwerden am Bewegungsapparat differenziert zu betrachten. An den Kniegelenken sei am 8. November 2007 eine arthroskopische Operation durchgeführt worden. Der Heilungsverlauf sei günstig. Mittelbis langfristig sei die Arbeitsfähigkeit durch die Kniebeschwerden nicht eingeschränkt. im Bereich der LWS habe eine MRT-Untersuchung vom 14. Dezember 2007 praktisch keine pathologischen Befunde aufgezeigt. Die Befunde seien sogar altersentsprechend unterdurchschnittlich. In der klinischen Untersuchung hätten sich weder Hinweise für diskogene Schmerzen noch für irritierte Intervertebralgelenke für radikuläre Reizoder Ausfallsymptome gezeigt. Die unspezifischen lokalen Schmerzangaben entsprächen keinem rheumatologischen Krankheitsbild. Da auch zwei von drei Kontrollpunkten positiv gewesen seien, könne nicht von einem Fibromyalgiesyndrom gesprochen werden. Das diffuse Schmerzsyndrom sei somatisch nicht erklärbar. Dazu passten die anamnestischen Angaben, laut denen sowohl physiotherapeutische als auch medikamentöse Behandlungsmassnahmen die Beschwerden nie relevant beeinflusst hätten. Im Bereich der HWS bestünden zwar morphologische Veränderungen im Sinn von Diskopathien. Eine im Jahr 2006 durchgeführte MRT-Untersuchung habe eine Wurzelkompression C6 dokumentiert. Es fehlten aber Hinweise auf eine radikuläre fazettäre Schmerzproblematik. Unter Untersuchungsbedingungen sei die Beweglichkeit der HWS deutlich eingeschränkt gewesen, die Spontanbewegungen seien aber normal gewesen. im Bereich der

      Supraspinatussehne seien degenerative Veränderungen bekannt, rechts auch eine Verkalkung. Bei der klinischen Untersuchung habe die Versicherte auch diffuse Schmerzangaben gemacht. Die passive Beweglichkeit des rechten Schultergelenks sei frei gewesen. Ein eigentliches Schulterimpingement habe nicht mehr vorgelegen. Es habe auch keine isolierte Schmerzhaftigkeit der Supraspinatussehne bestanden. Sämtliche Tests der Rotatorenmanschette rechts seien schmerzhaft gewesen. Das lasse darauf schliessen, dass die lokalen Schmerzen nicht einer einzelnen Schmerzpathologie entsprächen, sondern im Sinn des diffusen Schmerzsyndroms zu werten seien. Die muskulären Dysbalancen führten lokal zu Beschwerden. Es handle sich um ein lokales weichteilrheumatisches Schmerzsyndrom, das aber die Arbeitsfähigkeit nicht einschränke. Es müssten gezielt Dehnübungen durchgeführt werden. Aus rein rheumatologischer Sicht könne also kein Krankheitsbild bezeichnet werden, das eine Einschränkung der Arbeitsfähigkeit zur Folge hätte. Bei einer alternativen Tätigkeit dürften allerdings keine wiederholten Arbeiten über der Schulterhorizontalen ausgeführt werden müssen und auch eine spezifische Belastung der Schulter der Kniegelenke sollte unterbleiben.

    2. Die Sachverständigen des BEGAZ gaben folgende Diagnosen an: St. n. Arthroskopie, Shaving und lateraler Teilmeniskektomie am rechten Kniegelenk am 8.11.2007 bei Chondropathie Grad III der Trochlea, Grad II des lateralen Tibiaplateaus und lateraler Meniskusläsion rechts und St. n. Arthroskopie und Shaving des linken Kniegelenks am 8.11.2007 bei grosser Plica intercondylaris sowie Chondropathie Grad I des lateralen Tibiaplateaus links, anhaltende somatoforme Schmerzstörung sowie ohne Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit - Periarthropathia humero scapularis rechts bei Tendinopathie beider Supraspinatussehnen und bekannter Verkalkung im Bereich der Supraspinatussehne rechts, muskuläre Dysbalance im Schultergürtelbereich rechts mehr als links, Diskushernie HWK 5/6 rechts mit Wurzelkompression C6 rechts und Osteochondrose HWK 6/7, St. n. chronischer Epicondylopathia humeri radialis rechts, St. n. diversen operativen Eingriffen. Gestützt auf eine Konsensbesprechung hielten sie fest, es sei davon auszugehen, dass die Versicherte vollschichtig als Wirtin tätig sein könne. Das gelte auch für jede alternative Tätigkeit ohne wiederholte Arbeiten über der Schulterhorizontalen und/oder ohne spezifische Belastungen der rechten Schulter und der Kniegelenke.

C.

Mit zwei Vorbescheiden vom 18. März 2008 teilte die IV-Stelle der Versicherten mit, dass sie beabsichtige, sowohl das Rentengesuch als auch das Gesuch um Arbeitsvermittlung abzuweisen. Die Versicherte liess am 16. April 2008 erklären, sie sei mit der vorgesehenen Erledigung nicht einverstanden. Dr. med. A. werde dies aus medizinischer Sicht noch begründen. Dr. med. A. führte am 3. Mai 2008 aus, die psychiatrische Untersuchung hätte im Rahmen einer stationären Beobachtung erfolgen müssen. Obwohl die Versicherte unter Psychopharmaka gestanden habe, sei sie als psychisch gesund eingestuft worden. Ein Gutachter sehe den Exploranden nur ein einziges Ma. Dabei müsse er sich ein ganzes Bild von der Problematik machen. Das Krankheitsbild entspreche dann meistens nicht ganz der Wahrheit. Er begleite die Versicherte als Hausarzt seit dem Jahr 2000. Dadurch habe er einen besseren Überblick als der Gutachter. Er kenne die Versicherte von ganz tiefer depressiver, spitalbedürftiger Stimmungslage bis zur gutgelaunten Person (unter Medikamenten), was aber nicht bedeute, dass die Versicherte in einer guten Phase nicht an einer Depression leide. Im Fall der Versicherten könne man u.a. auch über ein Burn-OutSyndrom sprechen. Im Gutachten fehle ein Hinweis auf den Autounfall vom 8. September 2006 mit Kopfverletzung (Hämatom), das zu Nacken-Schulter-Schmerzen geführt habe. Neben den psychischen Problemen leide die Versicherte an einem generalisierten Schmerzsyndrom, das zum Teil die Folge einer Fibromyalgie und zum Teil psychisch bedingt die Folge des Kompressionssyndroms bei Diskushernie mit Nervenwurzelkontakt die Folge von sechzehn Operationen sei. Die Arbeit im Restaurant sei nicht körperlich leicht. Die Versicherte nehme folgende Medikamente ein: NSAR, Psychopharmaka, Hormone, Antazida, Antihypertensiva, lipidsenkende Mittel. Sie komme oft in die Sprechstunde und verlange eine Schmerzspritze eine Gyromanipulation im Rücken. Der Rechtsvertreter der Versicherten beantragte am 14. Mai 2008 die weitere Abklärung der von Dr. med. A. aufgeworfenen Fragen. Dr. med. C. vom RAD hielt am 20. Mai 2008 fest, Dr. med. A. habe das Vorliegen einer mittelschweren Depression nicht begründet. Er habe einfach festgehalten, dass die Versicherte im Jahr 2000 mit dieser Diagnose aus der Klinik Gais entlassen worden sei, und dann habe die Diagnose einfach beibehalten. Dr. med. D. habe am 1. Oktober 2001 keine ausgeprägte depressive Symptomatik mehr feststellen können. Das Schreiben von Dr. med. A. enthalte keine bis anhin unbekannten medizinischen Elemente und sei auch nicht geeignet, die gutachterlichen Schlussfolgerungen in Frage

zu stellen. Mit zwei Verfügungen vom 21. Mai 2008 verneinte die IV-Stelle einen Anspruch auf Arbeitsvermittlung und einen Anspruch auf eine Invalidenrente. Ersteres begründete sie damit, dass keine gesundheitsbedingte Einschränkung bei der Stellensuche bestehe, letzteres damit, dass das Validenund das Invalideneinkommen gleich hoch seien, so dass keine Invalidität bestehe.

D.

Die Versicherte liess am 26. Juni 2008 Beschwerde erheben und beantragen, es sei ihr bei einem Invaliditätsgrad von 100% eine volle Invalidenrente auszurichten, eventualiter sei ihr Arbeitsvermittlung zu gewähren, eventualiter sei ein Obergutachten bezüglich der Arbeitsfähigkeit einzuholen, subeventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die IV-Stelle zurückzuweisen. Zudem ersuchte sie um die Gewährung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung und Prozessführung. Zur Begründung liess sie ausführen, die Widersprüche zwischen den Feststellungen von Dr. med. A. und den Empfehlungen des BEGAZ könnten nur dadurch erklärt werden, dass die IV-Stellen unter grossem Druck stünden. Um das ihnen gesetzte Leistungsziel (Reduktion der Zahl der Neurenten um 30%) zu erreichen, seien sie auf "günstige" Gutachten angewiesen. Die Befangenheit der Gutachter habe zur Folge, dass nun trotz starker Beschwerden, trotz der Einnahme vieler Medikamente, trotz der psychischen Beschwerden und trotz der vom Hausarzt attestierten vollen Arbeitsunfähigkeit keine Rente ausgerichtet werde.

E.

Die IV-Stelle beantragte am 30. September 2008 die Abweisung der gegen die Verfügung betreffend Rente gerichteten Beschwerde und das Nichteintreten auf die Verfügung betreffend Arbeitsvermittlung. Den Nichteintretensantrag begründete sie damit, dass sich die Beschwerdebegründung nicht zur Arbeitsvermittlung äussere. Da die Beschwerde in diesem Punkt offensichtlich unbegründet sei, sei nicht auf sie einzutreten. Die Tatsache, dass die IV-Stellen unter Spardruck stünden, begründe keine Befangenheit der Gutachter. Dr. med. A. habe den Unfall in seinem Bericht vom 14. November 2006 auch nicht erwähnt. Im übrigen entspreche es der allgemeinen Erfahrung, dass behandelnde Ärzte der Selbsteinschätzung ihrer Patienten

folgend zu einer pessimistischen Beurteilung der Arbeitsfähigkeit neigten. Es liege ein überzeugendes Gutachten vor, dem zu entnehmen sei, dass die Versicherte in einer angepassten Tätigkeit voll arbeitsfähig sei.

F.

Die Versicherte liess am 24. November 2008 einwenden, der Vorwurf der Befangenheit der Gutachter beziehe sich auf beide Verfügungen. Die Rüge der Befangenheit werde nicht allein aus dem Spardruck der Invalidenversicherung, sondern auch aus dem offensichtlichen Widerspruch zwischen dem Gutachten und den Angaben des Hausarztes hergeleitet. Da sich das Gutachten nicht mit dem Unfall auseinandersetze, sei der Sachverhalt ungenügend abgeklärt. Dieser Mangel müsse durch ein Obergutachten behoben werden. Es möge zutreffen, dass die Berichte behandelnder Ärzte mit Vorbehalt zu würdigen seien. Damit dürfe dem Richter aber nicht aufgezwungen werden, welche ärztliche Meinung er teilen möchte. Im vorliegenden Fall sei die Abweichung so gross, dass nur ein Obergutachten Licht in das Dunkle bringen könne.

G.

Die IV-Stelle machte am 9. Januar 2009 geltend, die Versicherte selbst habe dem Unfall keine Bedeutung beigemessen. Anders lasse es sich nicht erklären, dass sie den Gutachtern nichts davon berichtet habe. Sofern der Unfall überhaupt stattgefunden habe, müsse es sich um ein Bagatellereignis gehandelt haben. Ohnehin seien die objektivierbaren Befunde und die klinisch feststellbaren Leistungseinschränkungen massgebend.

Erwägungen:

1.

Die Beschwerdegegnerin hat in den beiden angefochtenen Verfügungen vom 21. Mai 2008 zwei voneinander unabhängige Leistungsverhältnisse geregelt. Die Beschwerdeführerin hat diese beiden Verfügungen mit einer einzigen Beschwerdeschrift angefochten. Das ändert nichts daran, dass es sich um zwei

getrennte strittige Leistungsverhältnisse handelt, die je ein eigenes rechtliches Schicksal haben. Insbesondere aufgrund der weitgehenden Übereinstimmung des massgebenden Sachverhalts rechtfertigt es sich aber, die beiden Verfahren in einem Urteil zu behandeln.

2.

Gemäss Art. 16 ATSG ist das Einkommen, das die versicherte Person nach dem Eintritt der Invalidität und nach der Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte (Invalideneinkommen), in Beziehung zu setzen zum Erwerbseinkommen, das die versicherte Person erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre (Valideneinkommen).

    1. Grundlage der Bemessung des zumutbaren Invalideneinkommens bildet die verbliebene Arbeitsfähigkeit. Die Gutachter des BEGAZ haben eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin in einer behinderungsadaptierten Erwerbstätigkeit angegeben. Der behandelnde Arzt Dr. med. A. hingegen hat die Arbeitsunfähigkeit der Beschwerdeführerin für jede Art von Erwerbstätigkeit mit 100% beziffert. Beweisrechtlich betrachtet haben die Gutachter des BEGAZ ihre Arbeitsfähigkeitsschätzung als unabhängige Sachverständige abgegeben, während sich Dr. med. A. aufgrund seiner persönlichen und vertraglichen Beziehung zur Beschwerdeführerin nur als Auskunftsperson zur Arbeitsfähigkeit geäussert haben kann. Diese beweisrechtliche Sicht führt zur Vermutung, dass die Arbeitsfähigkeitsschätzung im BEGAZ-Gutachten sehr viel überzeugender sei als diejenige von Dr. med. A. . Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin hat versucht, diese Vermutung zu widerlegen, indem er die Befangenheit der Gutachter des BEGAZ behauptet hat. Implizit hat er gleichzeitig behauptet, die Arbeitsfähigkeitsschätzung von Dr. med. A. sei objektiv und richtig. Die IV-Stellen haben unbestrittenermassen einen Sparauftrag, der u.a. auch eine Senkung der Zahl der Neurentner beinhaltet. Daraus kann aber entgegen der Auffassung des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin nicht auf die Befangenheit auch nur auf den Anschein der Befangenheit der Gutachter des BEGAZ geschlossen werden. Die medizinischen Abklärungsstellen (MEDAS), zu denen auch das BEGAZ gehört, sind zur

      Unabhängigkeit verpflichtet. Es gibt keine Vorgaben der Aufsichtsbehörde der IVStellen, nach denen die Begutachtungen möglichst streng zuungunsten der untersuchten Personen erfolgen müssten. Dies zeigt auch für den vorliegenden Fall auch die Auftragserteilung an das BEGAZ vom 15. November 2007, die nur einen leicht ergänzten - Standardfragenkatalog enthält. Der vom Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin erhobene Vorwurf der Befangenheit könnte auch so zu verstehen sein, dass unterstellt wird, die medizinischen Abklärungsstellen hätten von sich aus bewusst unbewusst ihre Kriterien zur Arbeitsfähigkeitsschätzung zulasten der Versicherten verschärft, um so den IV-Stellen zu helfen, den Auftrag zur Senkung der Neurentnerzahlen zu erfüllen generell besonders viele Begutachtungsaufträge zu erhalten. Ein solcher Generalverdacht gegenüber den medizinischen Abklärungsstellen

      - und damit indirekt gegenüber den IV-Stellen und sogar gegenüber der Aufsichtsbehörde ist nicht angebracht, auch wenn die Interessenlage von Invalidenversicherung und Begutachtungsinstitution an sich Anlass für einen entsprechenden Argwohn bieten könnte. Bis heute fehlen nämlich Instrumente, die eine generelle Unvoreingenommenheit sicherstellen würden. Es bleibt den Gerichten nichts anderes übrig, als die Unvoreingenommenheit der Gutachter im Einzelfall bis zum Beweis des Gegenteils vorauszusetzen. Im übrigen ist das weitaus grössere Problem der heutigen Begutachtungssituation nicht die Sicherstellung der Unvoreingenommenheit der Gutachter, sondern die Sicherstellung qualitativ ausreichender Gutachten. Das Ziel der Senkung der Neurentnerzahlen in der Invalidenversicherung kann und soll durch eine effizientere Eingliederung der Versicherten erreicht werden. Es geht also nicht darum, einen Teil jener Versicherten, die objektiv einen Anspruch auf eine Invalidenrente hätten, mittels sogenannt "versicherungsfreundlichen", d.h. zulasten der Versicherten voreingenommenen Gutachten um diese Rente zu bringen. Es geht vielmehr darum, die Ausrichtung einer Rente auf jene Versicherten zu beschränken, die effektiv in ihrer Leistungsfähigkeit behinderungsbedingt rentenrelevant eingeschränkt sind und bei denen jede (weitere) Wiedereingliederung objektiv unmöglich ist. Dieses Ziel kann nur mittels einer unvoreingenommenen Begutachtung erreicht werden. Im vorliegenden Fall findet sich in den Akten kein Hinweis darauf, dass die Gutachter des BEGAZ voreingenommen berichtet hätten.

    2. Das Gutachten des BEGAZ beruht auf der umfassenden Kenntnis der medizinischen Vorgeschichte, auf einer detaillierten Dokumentation mittels bildgebender Verfahren und auf sorgfältigen und vollständigen klinischen Untersuchungen. Es leuchtet in der Darlegung der medizinischen Zusammenhänge ein und es enthält überzeugend begründete Schlussfolgerungen. Zudem stimmt es weitgehend mit den Resultaten der 2001 erfolgten Begutachtung überein. Bereits bei jener Begutachtung ist die deutliche Differenz zwischen den objektiv vorhandenen Gesundheitsbeeinträchtigungen und den geklagten Beschwerden herausgehoben worden. Das Gutachten des BEGAZ erweist sich somit für sich allein betrachtet als überzeugend. Zu prüfen bleibt, ob die Arbeitsfähigkeitsschätzung von Dr. med. A. diese Überzeugungskraft so weit zu erschüttern vermag, dass die uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin in einer behinderungsadaptierten Erwerbstätigkeit nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt ist. Die von der Klinik Gais im Jahr 2001 gestellte Diagnose ist bereits aufgrund der inzwischen vergangenen Zeit nicht geeignet, die Diagnose der Gutachter des BEGAZ zu widerlegen. Die Beschwerdeführerin kommt seit Jahren ohne psychotherapeutische Behandlung aus. Dass sie tatsächlich ein Antidepressivum einnimmt, ist nicht erstellt. Im übrigen beruht die Verschreibung eines solchen Medikaments auf der von Dr. med. A. ohne weiteres akzeptierten, stark übertriebenen pessimistischen Selbsteinschätzung und Selbstdarstellung der Beschwerdeführerin und nicht auf dem objektiv bestehenden psychischen Gesundheitszustand. Im übrigen ist die Diagnose der Klinik Gais bereits in einem damals erstatteten Gutachten als unzutreffend erkannt worden. Der psychiatrische Gutachter des BEGAZ hat die Beschwerdeführerin zwar tatsächlich nur einmal gesehen. Das heisst aber nicht, dass er ausschliesslich aufgrund des dort gewonnen Eindrucks hätten urteilen müssen. Er hat nämlich über eine ausreichende Dokumentation inklusive eine Begutachtung aus dem Jahr 2001 verfügt. Hinzu kommt, dass er aufgrund seiner fachärztlichen Kenntnisse und seiner gutachterlichen Erfahrung eher qualifiziert gewesen ist, die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin aus psychiatrischer Sicht zu beurteilen als der Allgemeinmediziner Dr. med. A. . Die Aussagen von Dr. med. A. sind demnach nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit des psychiatrischen Teils des Gutachtens des BEGAZ zu wecken und dessen Überzeugungskraft zu erschüttern. Auch der rheumatologische Gutachter des BEGAZ ist aufgrund der einmaligen Untersuchung in der Lage gewesen, eine

      fundierte Beurteilung abzugeben, denn die bildgebenden Verfahren und die Ergebnisse der klinischen Untersuchung haben ein eindeutiges Ergebnis geliefert. Das Bagatellunfallereignis und dessen angebliche Folgen sind irrelevant für die Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin, denn sonst wären diese Folgen von Dr. med. A. von der Beschwerdeführerin selbst erwähnt worden. Die Beschwerdegegnerin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass nicht das Unfallereignis selbst, sondern nur der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin für die Arbeitsfähigkeit von Bedeutung ist. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Angaben von Dr. med. A. und die Einwände des Rechtsvertreters der Beschwerdeführer nicht geeignet sind, die Überzeugungskraft der Arbeitsfähigkeitsschätzung des BEGAZ zu erschüttern. Es steht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit fest, dass die Beschwerdeführerin in einer adaptierten Erwerbstätigkeit zu 100% arbeitsfähig ist.

    3. Beim Einkommensvergleich nach Art. 16 ATSG ist die Beschwerdegegnerin davon ausgegangen, dass sowohl die Validenals auch die Invalidenkarriere der Beschwerdeführerin diejenige einer Hilfsarbeiterin seien. Sie hat nämlich einem Valideneinkommen von Fr. 50'881.ein zumutbares Invalideneinkommen von Fr. 50'881.gegenübergestellt. Dabei handelt es sich um das Durchschnittseinkommen weiblicher Hilfskräfte aller Branchen. Die Beschwerdeführerin macht sinngemäss geltend, in der fiktiven Situation ohne die Gesundheitsbeeinträchtigung wäre sie als Wirtin tätig. Da es sich dabei nicht um eine behinderungsadaptierte Tätigkeit handle, sei sie bei der Ausübung des Berufs der Wirtin eingeschränkt, so dass sie eine relevante Erwerbseinbusse erleide. Gemäss den Angaben des Rechtsvertreters der Beschwerdeführerin wird das Restaurant vom Ehemann geführt. Es ist davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin nur im Rahmen ihrer subjektiv empfundenen, massiv reduzierten Leistungsfähigkeit im Restaurant tätig ist, wobei es sich eher um einen Zeitvertreib handeln dürfte. Wäre die Beschwerdeführerin nicht krank geworden, hätte sie schon vor dem Jahr 2001 eine Stelle als Hilfsarbeiterin angenommen. Die (hypothetische) vollzeitliche Betätigung im Restaurant des Ehemannes kann deshalb nicht als Validenkarriere angesehen werden. Die Beschwerdegegnerin hat das Valideneinkommen also zu Recht anhand des Durchschnittseinkommens weiblicher Hilfskräfte ermittelt. Der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin hat weiter unterstellt, dass auch die Invalidenkarriere eine

Betätigung im Restaurant des Ehemannes sei. Er hat nicht beachtet, dass gemäss dem Wortlaut des Art. 16 ATSG nicht die nach dem Eintritt der Gesundheitsbeeinträchtigung effektiv ausgeübte Erwerbstätigkeit die Invalidenkarriere definiert, sondern eine zumutbare Erwerbstätigkeit. Die Erfüllung der die gesamte Invalidenversicherung durchdringenden allgemeine Schadenminderungspflicht wird also bei der bei der Bemessung der rentenspezifischen Invalidität ausdrücklich vorausgesetzt. Es wäre der Beschwerdeführerin möglich und zumutbar, zu 100% einer behinderungsadaptierten Hilfsarbeit nachzugehen. Demnach hat die Beschwerdegegnerin auch das zumutbare Invalideneinkommen zu Recht anhand des Durchschnittseinkommens weiblicher Hilfskräfte ermittelt. Allerdings hätte sie dabei den indirekt behinderungsbedingten Nachteilen der Beschwerdeführerin Rechnung tragen müssen. Diese resultieren aus dem Umstand, dass ökonomisch denkende Arbeitgeber nicht bereit sind, einer gesundheitlich angeschlagenen, aber dennoch zu 100% arbeitsfähigen Person einen Lohn in der Höhe des Durchschnittslohns gesunder Hilfsarbeiterinnen zu bezahlen. Die Anstellung einer gesundheitlich angeschlagenen Person ist nämlich mit Kostenrisiken behaftet, die bei gesunden Personen nicht bestehen, beispielsweise die Gefahr überdurchschnittlicher Krankheitsabsenzen, die Unfähigkeit, bei Bedarf Überstunden zu leisten vorübergehend an einem anderen, nicht behinderungsadaptierten Arbeitsplatz eine ausfallende Arbeitskollegin zu ersetzen das Bedürfnis nach besonderer Rücksichtnahme seitens der Vorgesetzten und der Kolleginnen bei einem durch die psychische Beeinträchtigung bewirkten Stimmungstief. Diese Nachteile können nicht statistisch ermittelt, sondern nur grob geschätzt werden. Ein Abzug von 10% vom Durchschnittseinkommen gesunder weiblicher Hilfskräfte trägt den nicht allzu schwerwiegenden Nachteilen der Beschwerdeführerin ausreichend Rechnung. Da das Valideneinkommen und das Ausgangseinkommen zur Ermittlung des zumutbaren Invalideneinkommens identisch sind, resultiert aus dem Abzug von 10% ein Invaliditätsgrad von 10%. Die Untergrenze von 40% (Art. 28 Abs. 2 IVG) ist nicht erreicht, so dass die Beschwerdegegnerin im Ergebnis zu Recht einen Rentenanspruch der Beschwerdeführerin verneint hat.

3.

Die Beschwerdeführerin hat dem Gericht den Antrag gestellt, es sei ihr eventualiter eine Arbeitsvermittlung zu gewähren. Auf den ersten Blick handelt es sich dabei um eine

bedingte Anfechtung der Verfügung vom 21. Mai 2008 betreffend Arbeitsvermittlung. Die Bedingung wäre die nur teilweise Gutheissung die Abweisung der Beschwerde gegen die Verfügung vom 21. Mai 2008 betreffend Rente. Eine in dieser Art bedingte Beschwerde ist nicht zulässig, denn andernfalls bliebe die Eintretensfrage bis zum formell rechtskräftigen Entscheid über die gegen die Rentenverfügung gerichtete Beschwerde in der Schwebe. Dies hätte eine unerträgliche Rechtsunsicherheit zur Folge. Bei einer dem effektiven Willen der Beschwerdeführerin Rechnung tragenden Interpretation der Ziffer 3 des Beschwerdebegehrens ist nun aber nicht die Anfechtung der Verfügung vom 21. Mai 2008 betreffend Arbeitsvermittlung bedingt, sondern nur der Bedarf nach einer Arbeitsvermittlung. Die Beschwerdeführerin hat sich nämlich in einem Dilemma befunden, das sie nur auf diese Weise hat auflösen können. Dieses Dilemma hatte seine Ursache in der Unsicherheit betreffend die effektiv bestehende Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin. Bei einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit in allen Arten von Erwerbstätigkeiten hätte nämlich offensichtlich kein Anspruch auf eine Arbeitsvermittlung bestehen können. Ist die Arbeitsunfähigkeit allerdings nicht vollständig, so kann ein Anspruch auf eine Arbeitsvermittlung bestehen. Wie der Sachverhalt diesbezüglich effektiv aussieht, ist erst mit dem vorliegenden Entscheid des Gerichts über die Frage der Rentenberechtigung bekannt geworden. Die Beschwerdeführerin hat also nicht bedingt Beschwerde gegen die Verfügung vom 21. Mai 2008 betreffend Arbeitsvermittlung erhoben, sondern sie hat beantragt, ihr Begehren um die Zusprache einer Arbeitsvermittlung erst dann zu beurteilen, wenn das Begehren um die Zusprache einer Rente beurteilt sei. Dieser Antrag ist zulässig. Die Beurteilung der Rentenberechtigung ist erfolgt, so dass nun auch das Begehren um eine Arbeitsvermittlung beurteilt werden kann.

Gemäss Art. 18 Abs. 1 lit. a IVG haben arbeitsunfähige Versicherte, die eingliederungsfähig sind, Anspruch auf aktive Unterstützung bei der Suche eines geeigneten Arbeitsplatzes. Wie der Botschaft des Bundesrats zur 5. IV-Revision zu entnehmen ist, sieht Art. 18 IVG vor, dass alle stellenlosen Personen, die ihre bisherige Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben können, Anspruch auf Arbeitsvermittlung durch die IV haben, somit auch Hilfsarbeiterinnen und Hilfsarbeiter, die in einer angepassten Hilfstätigkeit voll arbeitsfähig sind. Durch diese Ausweitung des Anspruchs auf Arbeitsvermittlung der Invalidenversicherung, die auf die Vermittlung von gesundheitlich eingeschränkten Personen spezialisiert ist, können die

Eingliederungsinstrumente für unqualifizierte Versicherte verbessert werden. Dabei ist eine enge Zusammenarbeit mit dem RAV vorgesehen (vgl. BBl 2005 S. 4522 und S. 4524). Der Bundesrat bezeichnet in der Botschaft das bestehende (nun altrechtliche) System in Bezug auf Arbeitsvermittlung als unzureichend. Ein Anspruch auf Arbeitsvermittlung sei bisher nur gegeben gewesen, wenn die versicherte Person bei der Suche einer geeigneten Arbeitsstelle wegen ihres Gesundheitszustands Schwierigkeiten gehabt invaliditätsbedingt spezielle Anforderungen an den Arbeitsplatz den Arbeitgeber gestellt habe. Die Invalidenversicherung sei bisher nicht für andere Gründe der erschwerten Stellensuche, wie Stellenmangel auf dem Arbeitsmarkt, eingetreten. Angesichts des angespannten Arbeitsmarktes fänden jedoch gesundheitlich eingeschränkte Hilfskräfte nur schwer eine neue, der Behinderung angepasste Stelle, was oft zur Aussteuerung bei der ALV und durch die lange Arbeitslosigkeit zu einer Verstärkung der ursprünglichen gesundheitlichen Probleme bzw. zu zusätzlichen psychischen Schwierigkeiten führe (vgl. BBl 2005 S. 4522). Art. 18 Abs. 1 IVG ist vom Parlament unverändert und damit im Sinne der vom Bundesrat vorgegebenen Interpretation (vgl. das Protokoll der Nationalratssitzung vom 21. März 2006 S. 28 sowie das Protokoll der Ständeratssitzung vom 25. September 2006 S. 3, Amtliches Bulletin 05.052) angenommen worden. Bei dieser authentischen Interpretation des Gesetzes ist die bisherige Praxis des Bundesgerichts, den voll arbeitsfähigen Hilfsarbeitern einen Anspruch auf Arbeitsvermittlung zu verwehren, als unzureichend erkannt worden. Demzufolge haben nun auch die in der bisherigen Tätigkeit gesundheitsbedingt eingeschränkten Hilfsarbeiter, die in einer adaptierten Tätigkeit vollumfänglich arbeitsfähig sind, einen Anspruch auf eine Arbeitsvermittlung (vgl. etwa die Entscheide des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom

15. Juni 2009, Erw. 3, IV 2007/493, und vom 22. Juli 2009, Erw. 2.3, IV 2009/118). Auch

die Beschwerdeführerin fällt unter den Wirkungsbereich dieser neuen Regelung, was die Beschwerdegegnerin übersehen hat. Sie hat deshalb grundsätzlich einen Anspruch auf eine Arbeitsvermittlung, auch wenn sie bei der Stellensuche gesundheitlich nicht eingeschränkt ist. Die Arbeitsvermittlung setzt nicht nur eine objektive Vermittlungsfähigkeit, d.h. das Bestehen einer auf dem realen und aktuellen Arbeitsmarkt verwertbaren Restarbeitsfähigkeit, sondern auch eine subjektive Vermittlungsfähigkeit, d.h. die Bereitschaft, eine Arbeit anzunehmen, voraus. Die Beschwerdeführerin ist zwar objektiv, aber nicht subjektiv vermittlungsfähig gewesen.

Sie war nämlich überzeugt davon, für sämtliche Erwerbstätigkeiten vollständig arbeitsunfähig zu sein. Hätte die Arbeitsvermittlung Erfolg gehabt, wäre der Antritt der neuen Stelle also an der fehlenden Bereitschaft der Beschwerdeführerin gescheitert, eine Arbeit aufzunehmen. Daraus folgt, dass die Beschwerdegegnerin zu Recht einen Anspruch der Beschwerdeführerin auf Arbeitsvermittlung verneint hat. Da mit dem vorliegenden Urteil feststeht, dass die Beschwerdeführerin in einem verwertbaren Ausmass arbeitsfähig ist, kann die Beschwerdeführerin sich erneut für eine Arbeitsvermittlung bei der Beschwerdegegnerin anmelden. Dies setzt allerdings als erhebliche Sachverhaltsveränderung im Sinne von Art. 87 Abs. 4 IVV voraus, dass die Beschwerdeführerin nun auch subjektiv vermittlungsfähig, d.h. bereit ist, an einer geeigneten Arbeitsstelle einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

4.

Gemäss den vorstehenden Ausführungen sind die Beschwerden gegen die beiden Verfügungen vom 21. Mai 2008 betreffend Invalidenrente und betreffend Arbeitsvermittlung abzuweisen. Die vollständig unterliegende Beschwerdeführerin hat keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung. Das Begehren um die Gewährung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung ist abgewiesen worden, so dass auch kein Anspruch auf eine Entschädigung durch den Staat besteht. Das Beschwerdeverfahren ist kostenpflichtig, denn auch Begehren um die unentgeltliche Rechtspflege ist abgewiesen worden. Die Gerichtsgebühr bemisst sich nach dem Verfahrensaufwand (Art. 69 Abs. 1bis IVG). Der Verfahrensaufwand für die beiden Beschwerden entspricht aufgrund der Erledigung in einem Urteil dem Durchschnitt. Deshalb rechtfertigt es sich, die Gerichtsgebühr auf Fr. 600.festzusetzen. Diese Gebühr ist durch den von der Beschwerdeführerin geleisteten Kostenvorschuss gedeckt.

Demgemäss hat das Versicherungsgericht

im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 53 GerG entschieden:

  1. Die Beschwerden werden abgewiesen.

  2. Die Beschwerdeführerin bezahlt eine Gerichtsgebühr von Fr. 600.-: diese Gebühr ist durch den in gleicher Höhe geleisteten Vorschuss gedeckt.

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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